In Film, Fernsehen, Radio und Literatur gibt es einige Begriffe, denen du immer wieder begegnen wirst. Egal ob Running Gag, Breaking Point oder eben Cliffhanger. All diese Elemente machen Geschichten erst zu dem, was sie sind. Sie sorgen für den richtigen Spannungsbogen, die Abwechslung und den gewissen Kick. Insbesondere Cliffhanger werden in Büchern, Filmen oder Serien häufig verwendet, um den Kauf der Fortsetzung unabdinglich zu machen. Wie du einen Cliffhanger schreiben kannst, das möchte ich dir mit diesem Beitrag zeigen.
Begriffserklärung: Was ist ein Cliffhanger?
Der Begriff Cliffhanger stammt ursprünglich aus dem Englischen und bedeutet übersetzt Klippenhänger. Mittlerweile wurde der Begriff auch schon häufig eingedeutscht und wird deshalb, fälschlicher Weise, auch oft als Chliffhänger mit „ä“ bezeichnet. Der Begriff stammt von dem Roman A Pair of Blue Eyes von Thomas Hardy aus dem Jahr 1873. In der Romanreihe kann sich der Protagonist an einer Stelle nur noch vor den Steilhängen am Bristol Channel retten, indem er sich an einem Büschel Gras festhält, um nicht in den Tod zu stürzen. Dies wird allerdings im Fortsetzungsroman aufgelöst. Der Leser wurde mit allen Vorahnungen, Andeutungen, Informationen ohne Auflösung alleine gelassen.
Seither ist Cliffhanger das gängige Synonym für Szenen, die am höchsten Punkt der Spannung einfach enden und oft erst im nächsten Kapitel oder in dem nächsten Buch oder der Fortsetzung aufgelöst werden. Ziel des Stilmittels ist es also, die Leser oder Zuschauer dazu bewegen, weiterhin am Ball zu bleiben und so dazu zu bewegen auch die nächste Folge einer Serie anzusehen oder den nächsten Roman zu lesen. Der Cliffhanger unterscheidet sich in sofern vom Teaser, dass er unerwartet und am vermeintlichen Ende einer Geschichte verwendet wird. Der Teaser hingegen wird zu Beginn eines Buches, eines Films oder einer Serie abgespielt, um für das Werk Werbung zu machen. Aus diesem Grund nennt man es auch Teaser, oder, zu Deutsch, Anreißer.
Wie funktioniert ein Cliffhanger?
In Zeiten von Streamingdiensten wie Netflix und Co. sind Cliffhanger absoluter Gang und Gebe. Es gibt reichlich Fernsehserien, die nur Dank dieser fiesen Methode überhaupt noch existieren und verzweifelte Fans dazu bringen, auch die neue Staffel wieder anzufangen. Die Rede ist hier beispielsweise von Pretty Little Liars oder auch The Walking Dead. Während wir von Serien also schon nichts anderes mehr erwarten, wird mit Cliffhangern in Büchern deutlich sparsamer umgegangen. Oft liegt das daran, dass viele Autoren noch gar nicht wissen, dass sie eine Fortsetzung schreiben wollen, bis das erste Buch wie eine Bombe eingeschlagen ist. Ein Buch ohne Ende lässt ein unbefriedigendes Gefühl zurück, weshalb viele Verlage ihre Autoren und Lektoren dazu drängen, zumindest eine Teilauflösung abzuliefern. Manche Autoren thematisieren diese Problematik sogar in ihren Büchern, wie John Green in Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Doch wie funktioniert das mit dem Cliffhanger nun?
Cliffhanger spielen im Wesentlichen mit unseren Gefühlen. Deshalb finden sie auch erst am Ende oder in der Mitte eines Buches statt. Wir müssen erst die Charaktere und ihre Situation verstehen und mit ihnen mitfiebern, bevor ein guter Cliffhanger funktionieren kann. Das Stilmittel spielt mit unseren Emotionen. Wir wollen nicht, dass unseren Helden etwas schreckliches passiert. Er zwingt uns also dazu, weiterzulesen, weil wir nicht ohne handfester Informationen weitermachen können. Autoren benutzen ihn demnach zum Spannungsaufbau und zur Leserbindung. Einfach mitten im Satz aufzuhören funktioniert allerdings nicht. Der Leser schenkt seinem Autoren ein gewisses Vertrauen, wenn er sich sein Buch kauft. Mit diesem Vertrauen sollte man als Autor nicht leichtfertig umgehen und es mit Sicherheit nicht ausnutzen.
Beispiele für gelungene Cliffhanger
Die besten Cliffhanger findet man in Büchern, in denen das abrupte Ende von langer Hand geplant war. Entweder, weil der Autor gut geschult war, bevor er sein Buch geschrieben hat, oder weil er wusste, dass es eine Fortsetzung geben würde. Manchmal verdanken wir es auch den Autoren, dass wir einer Geschichte das ungeahnte Ende verzeihen und uns trotzdem noch auf den neuen Teil freuen. Berühmte Cliffhanger gibt es in den Harry Potter Büchern. Jedes Schuljahr aufs Neue entrinnt Harry nur knapp dem Tode, aber immer mit der Gewissheit, dass das Böse noch nicht vollständig besiegt wurde. Ähnlich hat es Cornelia Funke auch mit ihrer Tinten-Reihe gemacht. Viel bekannter sind natürlich die Cliffhanger in Film und Fernsehen.
Pretty Little Liars – Der Alison DeLaurentis Effekt
Wir haben lange gewusst, dass irgendetwas mit dem Mysterium um Alison DeLaurentis nicht stimmt. Ihr Verschwinden war rätselhaft, die Hoffnung, sie doch noch irgendwann wiederzusehen riesig. Diesen Effekt findet man häufig in Büchern und Geschichten: Der Cliffhanger endet damit, uns in dem Glauben zu lassen, eine vermisst geglaubte Person taucht plötzlich doch wieder auf – oder doch nicht?
Scream – Zu früh gefreut
Der Horrorfilm Scream hat es uns vorgemacht: Wir glauben der böse Killer ist tot und wir haben alles überwunden, doch wir haben uns zu früh gefreut. Dieser Effekt wird ähnlich häufig verwendet. Manchmal wirkt er allerdings auch nur wie eine billige Ausrede. Uns wird erzählt, etwas, das wir abgeschlossen geglaubt haben, sei auf einmal doch wieder aktuell. Gerade in Thrillern machen so tot geklaubte Killer ein unerwünschtes Comeback.
Zurück in die Zukunft – Das ganze Spiel nochmal
Nicht zu selten erleben wir dieses Phänomen. Wir sind am Ende, alles scheint gut gegangen zu sein – beinahe. Und während wir uns auf den Abspann freuen, endet die Geschichte auf einmal mitten drin. Besonders gut wurde das in Zurück in die Zukunft umgesetzt. Fies, aber effektiv.
So schreibst du den perfekten Cliffhanger
Eben weil der Cliffhanger den Leser dazu treibt, weiterzulesen und ein Buch nicht aus der Hand zu legen, lassen viele Autoren so gut wie jedes Kapitel mit einem Cliffhanger enden. Manchmal schlimmer, manchmal kaum merkbar. Eine clevere Methode, denn an sich erzählt jedes Kapitel seine eigene kleine Geschichte. Sei es ein Szenen- oder ein Ortswechsel. Ein Kapitel hat einen Sinn und einen Zweck. Es beginnt und endet aus einem Grund. Manchmal wechseln wir mit ihm auch die Charakterperspektive. Wir erwarten also von jedem Kapitel, dass es etwas zu sagen hat und uns am Ende mit einer neuen Information erfreut, ehe wir mit dem nächsten Kapitel starten.
Damit ein Cliffhanger am Ende Lust auf mehr macht und nicht für Frust sorgt, gibt es einen guten Mittelweg, den viele bekannte Autoren ebenfalls eingeschlagen haben: Gib ihnen etwas, aber niemals zu viel. Ein offenes Ende ist schließlich immer noch ein Ende. Das bedeutet, dass du im Bestfall eine Teilfrage löst, die sich der Leser im Verlauf der Geschichte vermutlich gestellt haben wird. Doch du löst sie nicht auf. Wiege deine Charaktere und Leser in Sicherheit und gebe erst im letzten Satz eines Kapitels zu, dass sie sich nicht sicher fühlen sollten. Dafür gibt es einige gängige Phrasen, die du immer wieder in Büchern finden wirst. Beliebte Wörter sind „Doch dann“ oder „Plötzlich“. Ich habe für dich ein paar Beispielsätze formuliert:
- Sie atmete erleichtert aus. Alles war gut. Doch dann wurde alles schwarz.
- Er hatte sie noch fallen sehen. Ihre Hand ragte gerade noch so über die Klippe. Doch dann war sie verschwunden.
- Ihr Herz schlug bis zu Anschlag. Sie hatte es gerade noch geschafft, aus dem brennenden Haus zu fliehen. Plötzlich durchfuhr sie in jeher Schmerz.
Wichtig: Übertreibe es nicht. Zu viele Cliffhanger sorgen irgendwann für Frust. Kein Mensch kann diese dauerhafte Anspannung und Neugierde ertragen und jeder wird irgendwann das Buch entnervt zur Seite legen. Es gilt: Qualität vor Quantität. Ein Cliffhanger ist kein Schocker mehr, wenn nach jedem Kapitel einer deiner Charaktere plötzlich habltod am Boden liegt und dann doch wieder erwacht. Der Hanger soll uns kalt erwischen und schockieren. Das kann er nur, wenn der Leser sich innerlich nicht dagegen gewappnet hat und nicht damit rechnet.
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